Dyckerhoff Weiss BLUE STAR im großflächigen Einsatz beim Neubau des Freiburger Rathauses
Perfekte Sichtbetonflächen mit neuem CO2-reduzierten Weisszement
Bereits im Jahr 2017 wurde im Freiburger Stadtteil „Der Stühlinger“ das neue, von ingenhoven architects entworfene, Rathaus der Breisgau-Metropole eröffnet. Jetzt wird es um zwei Bauabschnitte erweitert. Baubeginn war im Juni 2024. Bei der Betonage von weißen Wänden und Stützen in Sichtbetonqualität kam erstmals CO2-reduzierter Weisszement zum Einsatz – ein wichtiger Beitrag zur geforderten Nachhaltigkeit des Gebäudes.
In den beiden neuen Gebäudekomplexen an der Fehrenbachallee soll ein Großteil der bisher in der Stadt verteilten Verwaltung zentralisiert werden. Hier werden vor allem Behörden wie das Amt für Kinder, Jugend und Familie, das Amt für städtische Kindertageseinrichtungen sowie das Amt für Schule und Bildung einziehen. Deshalb wird das neue Gebäude meist kurz als „Familienrathaus“ bezeichnet. Entsprechend der ursprünglichen Pläne von ingenhoven architects spielen auch beim Neubau Offenheit, Transparenz sowie das Konzept eines „Grünen Campus”, der drei Gebäudetrakte und eine Kindertagesstätte vereint, eine wichtige Rolle. Ebenso wie das bestehende Gebäude übernimmt der 7-stöckige Bau des zweiten Bauabschnitts (Untergeschoss bis 5.OG) die optisch reizvolle ovale Form und soll 2027 fertig sein.
Nachhaltigkeit und Innovation im Betonbau
Freiburg im Breisgau ist weltweit Vorbild bei nachhaltiger Stadtentwicklung. Schon der erste Bauabschnitt war das erste öffentliche Gebäude der Welt im Netto-Plusenergie-Standard. Dank einer Vielzahl technischer Lösungen ist der Primärenergiebedarf für Heizung, Kühlung, Belüftung und Warmwassererzeugung etwa 40% geringer als bei vergleichbaren modernen Bürogebäuden. Zur Nachhaltigkeit trägt beim aktuellen Bau auch die Verwendung eines CO2-reduzierten weißen Puzzolanzements für die Wände in den Treppenhäusern und die Stützen bei, die jeweils in Sichtbetonqualität ausgeführt werden. Mit ihm wurden die hohen gestalterischen Anforderungen für Sichtbetonklasse SB3 erfüllt und gleichzeitig eine Reduktion des CO2-Fußabdrucks um rund 15% erreicht.
Zielgerichtete und vorausschauende Planung im Team
Sichtbetonarbeiten erfordern grundsätzlich eine umfassende Planung aller Beteiligten, um ein optimales Ergebnis zu erreichen. Und erst recht, wenn wie hier mit dem Dyckerhoff Weiss BLUE STAR erstmals ein neuer Zement in großem Umfang zum Einsatz kommt. Themen der ersten Treffen zwischen dem Betonhersteller P&S-Beton GmbH & Co. KG in Breisach und dem Wilhelm Dyckerhoff Institut (WDI), der Wiesbadener Forschungseinrichtung von Dyckerhoff, waren u.a. mögliche Probleme und Risiken, wie z.B. die klimatischen Bedingungen auf der Baustelle, insbesondere hohe Temperaturen im Sommer. In intensiven Testreihen wurden im WDI die optimalen Mischverhältnisse ermittelt, um sowohl eine lange Verarbeitungszeit von 90 bis 120 Minuten, als auch eine exzellente Fließfähigkeit des Betons sicherzustellen. Dabei sollte der Beton unter wechselnden Temperaturbedingungen stets gleichbleibende Eigenschaften aufweisen.
Die enge Zusammenarbeit zwischen Forschung, Baustoffhersteller und Bauunternehmen sicherte den Erfolg des Projekts. Von links: Conrad Riede (Schleith), Andreas Engel (P&S-Beton), Armin Knebel (Sika), Christian Bechtoldt (Dyckerhoff), Andreas Schlemmer (Karl Strohmaier) und Andrea Kreuzburg (WDI).
Gezielte Optimierung der Betonrezeptur
Die Anforderungen an den Sichtbeton auf Basis des Dyckerhoff Weisszements waren klar definiert:
- Konsistenzklasse: F4;
- Anzahl Betonrezepturen: 4
in Festigkeitsklasse C30/37 für die Wände der Treppenhäuser und C50/60 für die Stützen,
jeweils in Größtkorn 8 mm und 16 mm; - Gesteinskörnung: Rheinsand 0-2 mm / Rheinkies 2-8 mm und 8-16 mm.
Eine zentrale Rolle spielen exakt auf den Zement abgestimmte Betonzusatzmittel, um insbesondere die jeweils erforderliche Fließfähigkeit des Betons sicherzustellen. Dazu wurde die Sika Deutschland CH AG & Co. KG einbezogen. Sika hat für vier vorgesehene Betonrezepturen bei Betontemperaturen von 10°C, 20°C und 30°C entsprechende Lösungen formuliert: ein 2K-System (Fließmittel/Konsistenzhalter) bzw. ein 3K-System (Fließmittel/Konsistenzhalter/Verzögerer). In breit angelegten Testreihen wurden die optimalen Dosiergrößen der jeweiligen Betonzusatzmittel unter wechselnden Temperaturbedingungen ermittelt mit Hauptaugenmerk auf Parameter wie Konsistenzverlauf und z.B. eine ausgeprägte Homogenität, die die Pumpfähigkeit und die reibungslose Befüllung der bis zu 5 m hohen Stützen gewährleistet. Alle Versuchsreihen wurden nochmals im Labor des WDI bestätigt. Ein weiterer Aspekt der Prüfungen im Vorfeld betraf das Verhalten des Betons beim Transport. Bei allen Betonen wurden bei unterschiedlichen Temperaturen (simuliert mithilfe einer Klimakammer) die Frischbetoneigenschaften gemessen. Musterflächen im WDI und direkt auf der Baustelle unterstützten die Voruntersuchungen zusätzlich. Sämtliche Betonarbeiten wurden von der Schleith GmbH Baugesellschaft aus Freiburg ausgeführt. Die Gesteinskörnungen lieferte die Karl Strohmaier GmbH aus dem nahe gelegenen Neuenburg-Grißheim.
Das ovale Gebäude prägt eine an das bestehende Rathaus angepasste Fassade aus Holz und Aluminium. Es wird komplett im Passivhausstandard erstellt, mit dem Ziel, ein DGNB-Zertifikat in Silber zu erhalten. Insge¬samt werden rund 12.000 m³ grauer und weißer Stahlbeton benötigt, davon ca. 8.200 m³ Normalbeton, ca. 2.000 m³ RC-Beton, d.h. Beton mit einer Recycling-Gesteinskörnung und ca. 1.800 m³ Weißbeton. Von dem weißen Sichtbeton entfallen 1.540 m³ auf Wände und 260 m³ auf insgesamt 610 Rundstützen mit unterschiedlichen Höhen und Durchmessern.
Keine Standardlösungen möglich
Da in Freiburg der Weisszement BLUE STAR erstmals großflächig zum Einsatz kam, waren weder eine Standardlösung noch praktische Erfahrungen verfügbar. Die Erkenntnisse aus den Laborversuchen konnten jedoch 1:1 auf die Mischanlagen übertragen werden. Auch dank moderner Anlagentechnik von P&S-Beton gelang es, den Beton nicht nur bezüglich seiner Fließfähigkeit, sondern auch der benötigten Verarbeitungszeit perfekt an die vorhandene Baustellenlogistik (2 Krane mit weitem Schwenkbereich) anzupassen. Unterschiedliche Schalungstypen und Verdichtungstechniken wie Außenrüttler und Rüttelschläuche kamen ebenfalls zum Einsatz, letztere insbesondere bei den Stützen. Eine Herausforderung stellte hier die äußerst filigrane Anordnung der Bewehrung dar, weshalb die Stützen zunächst nur halb gefüllt und von innen verdichtet wurden. Nach einer Ruhezeit folgte der zweite Abschnitt.
Der Einsatz des Weisszements bedurfte aber auch logistischer Anpassungen im Betonwerk. Um eine Kontamination mit anderen Betonsorten zu vermeiden, stand eine Mischanlage ausschließlich für den Weißbeton zur Verfügung. Diese Maßnahme sorgte für eine gleichbleibende Betonqualität und sicherte die hohen Ansprüche an die Sichtbetonoberflächen. Zudem wurde ein detaillierter Zeitplan für die Anlieferung und Verarbeitung des Betons erstellt, um Verzögerungen zu vermeiden und eine effiziente Umsetzung der Betonagearbeiten zu gewährleisten.
Fazit
Das Bauprojekt Rathaus Freiburg zeigt eindrucksvoll, wie in enger Zusammenarbeit zwischen Forschung, Baustoffhersteller und Bauunternehmen durch Nutzung vorhandener Expertise und technologischer Innovationskraft nachhaltige Lösungen entstehen können. Durch die umfassende Planung, gezielte Forschung und eine perfekt abgestimmte Logistik konnte stets die optimale Qualität des Betons auf Basis des CO2-reduzierten Weisszements sichergestellt werden, was das Projekt zu einem Vorbild für nachhaltiges Bauen macht und neue Maßstäbe für zukünftige Bauvorhaben setzt.
Fotos: 1,6 bis 9 – P&S-Beton
Für weitere Informationen steht zur Verfügung:
Iris Weise-Rosch, Tel.: +49 611 676-1187
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